Kloster Reute: Ein spiritueller Ort des Wandels
Das Kloster Reute bei Bad Waldsee in der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist ein spiritueller Ort, der seit über 600 Jahren Religiosität und Tradition vereint. Die Franziskanerinnen haben hier ein lebendiges Begegnungszentrum mit Gästehaus und Seminarangeboten geschaffen. Und: Sie setzen mit der Generalsanierung von Kloster Reute Maßstäbe, wie klösterliche Gemeinschaften mit der Zeit gehen können. Die Schwestern wollen mit ihrer Sanierung zur „Blaupause“ im Umgang mit kirchlichen Immobilien werden. Vorbild für Gemeinden und Ordensgemeinschaften sind sie schon.
Die Geschichte von Kloster Reute: Von der Guten Beth bis heute
Die Wurzeln von Kloster Reute reichen bis ins Jahr 1403. Damals gründete die erst 17-jährige Webertochter Elisabeth Achler mit vier jungen Frauen eine Klause, um sich um die Armen der Region zu kümmern. Damit begann franziskanisch-klösterliches Leben auf dem Klosterberg. Die „Gute Beth“ wird bis heute als „Wundertäterin Oberschwabens“ verehrt, die in Krisen und bei Krankheiten hilft. Die Mystikerin starb mit 34 Jahren im Jahr 1420. Nach ihrem frühen Tod entwickelte sich ihr Grab zur Pilgerstätte. Bis heute kommen Menschen mit Wasserkanistern zum Brunnen von Kloster Reute, das für seine heilende Wirkung bekannt ist. Kloster Reute begeht am 25. November, dem Geburts- und Sterbetag, das „Gut-Betha-Fest“ mit einem feierlichen Wallfahrtsgottesdienst.
Die Franziskanerinnen von Reute helfen in der Not
Während der Säkularisation mussten die Schwestern fliehen, ihr Kloster wurde 1774 aufgelöst. 1848 wiederholte sich die Geschichte: Fünf junge Frauen aus Ehingen kümmerten sich um die Kranken der Stadt und siedelten sich erneut auf dem Klosterberg in Kloster Reute an. Wie schon die Gute Beth wollten die Schwestern, „Gott in der leidenden Menschheit dienen.“ Bis 1940 wächst die Gemeinschaft auf 1.786 Schwestern an, von denen 500 im Mutterhaus leben. Die übrigen Schwestern sind im Landkreis als Erzieherinnen, Krankenschwestern oder Lehrerinnen tätig.
Kloster Reute heute: 140 Schwestern mit einer Vision
Heute leben rund 140 Franziskanerinnen im Kloster Reute. Das Durchschnittsalter liegt bei 78 Jahren. Den Franziskanerinnen fehlt der Nachwuchs. Viele junge Frauen möchten sich nicht dauerhaft an einen Orden binden – eine Entwicklung, die viele Gemeinschaften bedroht. Im Jahr 1999 gründen die Schwester die Stiftung St. Elisabeth, in die sie sozialen Einrichtungen und ihre Wirtschaftsbetriebe geben. So gehen Altersheime, Kindergärten und Sozialstationen in weltliche Hände weiter und können gerettet werden.
Uns Schwestern wurde 2014 deutlich: Wir brauchen eine Zukunftsvision, wie wir als alternde Gemeinschaft mit weniger Mitgliedern leben wollen.
So die Generaloberin von Kloster Reute, Sr. Maria Hanna Löhlein, die 2016 gewählt wurde. Als gelernte Bankkauffrau weiß Sr. Maria Hanna wie sie das Mammutprojekt stemmen muss. Zur Seite steht ihr ihre weltliche Schwester: Die Architekturprofessorin Gisela Löhlein, die auf der ganzen Welt erfolgreich baut und das Kloster Reute ehrenamtlich berät.
Das Klosterbergprojekt: Einfach, offen, nah
Die Franziskanerinnen lassen sich zudem von einer Unternehmensberatung begleiten, um das Klosterbergprojekt „einfach, offen, nah“, zu realisieren. Das große Areal wird bis 2026 generalsaniert; eine „strahlende Mitte“ heißt die Gäste in einem modernen Eingangsbereich willkommen. Von Beginn an binden die Schwestern die Bevölkerung in Bürgerdialogen ein. Nicht alle Visionen lassen sich realisieren. Das Quartierprojekt scheitert 2024 an zu hohen Baukosten.
Herzstück ist das klosternahe Wohnen für Singles, Paare und Familien, die bezahlbaren Wohnraum und ein spirituelles Gemeinschaftsleben suchen, ohne ein Gelübde abzulegen. Räume, die die Schwestern von Kloster Reute künftig nicht mehr benötigen, werden zu barrierefreien Apartments umgebaut – mit einem traumhaften Alpenblick. Die Wohnungen sind schlicht gehalten – im Sinne der franziskanischen Einfachheit.
Derzeit finden Treffen mit Interessierten statt. Das baden-württembergische Wirtschaftsministerium fördert die Initiative von Kloster Reute mit einer Million Euro, ein aktiver Förderverein unterstützt das Kloster Reute und hilft bei der Spendenakquise. Die Mitglieder sind mit Herzblut und Leidenschaft dabei.
Der Friedhof als architektonisches Juwel von Kloster Reute
Als ersten Meilenstein realisieren die Schwestern 2023 die Neugestaltung des Friedhofs. Die radikal schlichte Aussegnungshalle besteht aus Stampflehm. Traditionsfirmen, die alte Handwerkskünste noch beherrschen, setzen den gewagten Entwurf um. Alle Außenstellen bis hin zu den Missionsstationen in Indonesien und Brasilien schicken Lehm. Die Aussegnungshalle wurde in die Longlist der 100 herausragenden Projekte für den Preis des Deutschen Architekturmuseums 2026 aufgenommen.
Ein Labyrinth aus roten, in Handarbeit gefertigten Steinen bildet den Mittelpunkt. Jeder Stein ist einer Schwester mit deren Namen gewidmet, die zur Gemeinschaft v gehört hat oder gehört. In nächtelanger Archivarbeit werden alle Schwesternamen recherchiert. „Das Labyrinth steht für Wandlung und Neubeginn“, so Sr. Maria Hanna. Wer möchte, kann eine Steinpatenschaft für das Kloster Reute übernehmen. Das Kloster bietet regelmäßig Baustellenführungen an, bei der sich Interessierte über die Fortschritte informieren können.
Geheimnisse der Klostermedizin im Heilkräutergarten von Kloster Reute
Die Franziskanerinnen leben im Einklang mit der Schöpfung und der Natur, wie es der Ordensgründer, der Heilige Franziskus von Assisi, propagierte. In seinem berühmten Sonnengesang preist der italienische Mönch die Mutter Erde. Der biologisch angebaute Heilkräutergarten von Kloster Reute ist weit über die Region hinaus bekannt. Sr. Birgit Bek hat die alte Tradition der Klostermedizin wieder belebt und einen eigenen Apothekengarten in Kloster Reute angelegt.
Hier wachsen Heilpflanzen wie Zitronenmelisse, Minze, Thymian oder die Ringelblume. „Wenn ich mich intensiv mit den Heilpflanzen beschäftige oder auch Unkraut jäte, dann bin ich dem Schöpfer nah und gleichzeitig dankbar, was die Natur uns schenkt“, so Sr. Birgit, die bei Krankheiten wie Gelenkschmerzen, Entzündungen, Fersensporn oder Grippe auf die Heilkraft von Pflanzen vertraut. Die Geheimnisse jahrhundertealter Klostermedizin gibt sie gemeinsam mit ihrer Mitschwester Paulin in einem vielbeachteten Kräuterbuch „Gesundheit aus dem Garten Gottes“ weiter.
Liköre, Salben und Tinkturen aus klostereigner Produktion
Sr. Birgit möchte, dass Menschen wieder ein besseres Gespür für Heilpflanzen entwickeln und merken, was ihnen guttut. „Die Natur- und Pflanzenheilkunde ist ein Wunderwerk, mit einem riesigen Spektrum von Pflanzen, die uns helfen“, so Sr. Birgit, die seit über 50 Jahren in Kloster Reute lebt. Manche Pflanzen wie das entzündungshemmende Keimblatt stammt aus Brasilien oder Indonesien, wo die Franziskanerinnen Missionsstationen unterhalten
Die Schwestern von Kloster Reute legen Wert auf höchste Qualität von dem Anbau und Pflege der Pflanzen bis hin zur Verarbeitung und vorherigen Ernte in Handarbeit. Liebevoll werden die Kräuter und Heilpflanzen zu Tees, Salben, Tinkturen, Kosmetik und Likören verarbeitet. Im Klosterladen können Gäste die Produkte kaufen von essbaren Blüten, der Gotu Kola-Pflegesalbe hin zum Stick gegen Insektenstiche.
Aus dem frisch geernteten Gemüse, den Kräutern und Obst bereiten die Schwestern köstliche Mahlzeiten zu und backen Kuchen und Brot in der Bäckerei von Kloster Reute. Außerdem bieten die Schwestern Seminare und Führungen an.
Kloster Reute exklusiv mit „Klosterwelten erleben“
Für Kleingruppen bieten wir einen exklusiven Aufenthalt in Kloster Reute an, mit individueller Reisebegleitung durch Klosterexpertin Dr. Felicitas v. Aretin und einmaligen Einblicke hinter Klostermauern. Im Gespräch mit der Generaloberin und anderen Schwestern erhalten Sie Einblicke in die Hintergründe des Klosterbergprojekts. Gemeinsam tauchen wir in die franziskanische Spiritualität ein, entdecken den Pilgerort „Gute Beth“ und den preisgekrönten Heilkräutergarten bei einer exklusiven Pflanzenverkostung mit Sr. Birgit. Wir wohnen im Gästehaus von Kloster Reute und genießen die selbst gekochte, regionale Küche der Schwestern.
Der Schlichtheit der Franziskanerinnen setzen wir den barocken Pomp der oberschwäbischen Barockstraße entgegen. Wir reisen bequem im Kleinbus und lernen bei exklusiven Führungen die beeindruckende Rokoko-Bibliothek des aufgelassenen Klosters Schussenried kennen. In Kloster Ochsenhausen wähnt man sich fast in einem Schloss. Hier betrieben die Mönche einst eine Sternwarte. Höhepunkte unserer Kunstreise ist die Klosteranlage in Weingarten, die zu den bedeutendsten Kunstwerken des Hochbarocks zählt. Ein weiteres, wenig bekanntes Highlight: Die schönste Dorfkirche der Welt St. Peter und Paul in Steinhausen.
Fahren Sie mit – Unsere nächste Reise findet vom 13. – 16. Oktober 2025 statt.